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58. Der Kippberg

An diesem Abend ist es relativ ruhig in der Kantine. Das liegt zum einen daran, daß nur ein Teil der Besatzung da ist - viele arbeiten durch, um Schäden zu reparieren und das Boot zu prüfen - und daran, daß das Boot sich immer noch an derselben Stelle aufhält, wo optisch nichts zu sehen ist - und da ist natürlich der Gedanke an Colbert. Die Gefährlichkeit der Expedition ist real geworden. Sogar, als das Boot beim Sonnenstein als ganzes eingeklemmt war, ist niemand zu Schaden gekommen. Naß kann man auch im Schwimmbad werden. Aber jetzt ist es anders. Jetzt ist jemand ums Leben gekommen.

Kaum sind wir in der Welthöhle, schlägt sie bereits zu.

Aber noch wissen wir nicht mit letzter Sicherheit, ob wir wirklich dort sind. Carola und Edwin setzen sich beim Abendessen zu mir. Herdentrieb der alten Kollegen?

"Gerald hat die Abendwache, und er nutzt die Gelegenheit, zu horchen! - Die ganze Zeit schon." sagt Edwin, "Ich habe mit ihm gesprochen und ein bißchen mit reingehört."

"In die Außengeräusche?" frage ich.

"Ja. - Das ist nicht uninteressant!"

"Und?" fragt Carola.

"Also, diese Geräusche gleich nach dieser Explosion - oder was immer es war - sind allmählich abgeflaut und dabei immer gleichmäßiger geworden - sie kommen aber nicht aus allen Richtungen, sondern es gibt bevorzugte Richtungen. Und es handelt sich nur noch um ein fernes Rauschen. Manchmal scheint es an- und abzuschwellen, wie Brandung. Aber das kann ein Irrtum sein."

"Kann es, und es ist doch richtig!" sage ich, "Wenn wir wirklich am Ziel sind, und wenn dies wirklich eine Kohlensäureexplosion war, dann ist das Meer noch aufgewühlt und wirft Wellen an irgendwelche Küsten. Weil es aber sehr viele Küsten sind, mittelt sich das weg - An- und Abschwellen ist also eigentlich nicht möglich!"

"Kannst du ihn nicht mal ausreden lassen?" fragt Carola. Ich halte gehorsam den Mund.

"Also, das ist nicht das einzig interessante. Es gibt auch andere Geräusche. Langgezogenes Heulen. Tiefe Rülpser. Wie Tierlaute eben. Aber sehr weit weg. Gerald meint, an der Hörgrenze wimmelt es von solchen Geräuschen, aber um die herauszufiltern müßte man erst noch geeignete Verfahren entwickeln."

"Gibt's Lotungen? Oder hat es noch keiner probiert?"

"Doch, die gibt es." sagt Edwin, "450 Meter über uns ist Felsen. Eine massive Felsdecke. Wir sind also wieder in einer Höhle. Aber zur Seite gibt es in vielen Richtungen keine Echos, das zum einen, und das Wasser ist immer noch so trüb, daß man nicht bis zu dieser Decke durchsehen kann. Gerald sagt, wir sind deshalb vielleicht immer noch nicht in der Welthöhle, aber eventuell in einem Höhlensystem, das mit dieser in Verbindung steht."

"Mmh. Geräusche von rollenden Felsen?"

"Nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr mit Sicherheit."

"Hat er schon etwas mehr über den Ventilmechanismus herausgekriegt?"

"Nein. Wie sollte er? Da sind wir alle gleich schlau."

Einen Moment schweigen wir. Dann fragt Carola:

"Wo haben sie Colbert hingelegt?"

"Plastiksack. Tiefkühltruhe. Wenn wir nicht die Aussicht hätten, bald aufzutauchen, würde er wie alle anderen organischen Abfälle behandelt. - Tja - Beerdigungen an Bord sind nicht vorgesehen."

"Soll er über Bord gehen? Seemansgrab?" frage ich.

"Sowas ähnliches stellt Wellington sich wohl vor. - Aber es gibt noch ein Problem - hat Gerald mir erzählt."

"Nämlich?"

"Elderman. Bei seinem Zustand können wir den Druck im Boot nicht erhöhen. Und das müssen wir, wenn wir auftauchen und die Luken aufmachen!"

"Auweih. Das stimmt." sage ich.

"Doktor Morton sagt, es ist völlig unmöglich. Er stirbt, wenn wir jetzt im Boot die physikalischen Bedingungen so sehr ändern!"

"Wir könnten nur den Druck ausgleichen. Feuchtigkeit und Temperatur bleiben, wie sie sind!" schlage ich vor.

"Daran haben sie wohl auch gedacht. Aber es geht nicht."

Ich überlege eine Weile. "Einen gewissen Überdruck könnte die Eingangsschleuse aushalten. Ich habe damals spekuliert, daß wir in Meereshöhe - in Welthöhlen-Meereshöhe - vier Bar Druck haben. Vielleicht geht das?"

Eigentlich sollten wir solche Angaben über das Boot auswendig kennen. Aber ich bin mir nicht sicher. Was die Eingangsschleuse betrifft, so erinnere ich mich an die Angabe 'Druckfest bis ein paar Dutzend Meter'. Wieviel ist denn das?

Den Rest des Abendessens löffeln wir mehr oder weniger schweigend in uns hinein. Gabi Gohlmann setzt sich in Hörweite hin, spricht aber nicht mit uns. Natalie taucht überhaupt nicht auf. Im Moment ist man, wenn man Medizin-Kenntnissen hat, schnell dabei, mit Arbeit eingedeckt zu werden.

"Übermorgen hätte Colbert Nachtwache gehabt. Und Elderman ist auch nicht einsatzfähig." sage ich, "Wellington wird den ganzen Wachplan umstellen müssen."

"Ist das das einzige, was dir jetzt einfällt?" faucht Carola, "Da liegt einer im Sterben, und du denkst daran, daß der keine Wache mehr übernehmen kann und du so mehr Arbeit hast!"

"So mein ich das doch gar nicht!"

"Wie denn? Welchen Nutzen hätte deine Aussage denn?"

"Ich habe nur laut gedacht!"

"Aha. Jedenfalls wissen wir so, was dir am wichtigsten ist."

"Was soll denn das heißen? Wieso bist du überhaupt so aggressiv?"

"Ich bin nicht aggressiv! In deinem Buch gehst du sehr leichtfertig mit Menschenleben um, und jetzt scheint sich das zu wiederholen!"

"Ich habe die beiden nicht umgebracht!"

"Ich verstehe nicht, worüber ihr eigentlich streitet!" versucht Edwin, zu vermitteln.

"Carola will mir irgendetwas unterstellen - und ich verstehe nicht, was!"

Carola steht auf und bringt ihr Tablet weg. Sie spricht kein Wort mehr mit uns und geht in ihre Kabine.

"Hat sie vielleicht mit Elderman oder Colbert etwas gehabt?" frage ich.

"Nein. Kaum Kontakte. So wenig wie wir auch. - Sie ist irgendwie mit den Nerven fertig." vermutet Edwin.

"Versagensängste? Weil sie noch nichts über den großen Unbekannten und seine Machtmittel im Rechner herausgefunden hat?"

"Glaube ich nicht. Ich habe ja auch keine, und auch sonst hat niemand etwas herausgefunden - bis jetzt. Nein, ich glaube, sie hat sich die ganze Sache anders vorgestellt."

"Mmh. Und du? Du müßtest doch genauso beunruhigt sein, oder? Sie ist in keiner Gefahr, in der du nicht auch bist. Und alle anderen an Bord auch. Oder bist du auch mit den Nerven fertig und zeigst es bloß nicht?"

"Nein," sagt Edwin, "ich glaube, das ist es nicht. Es ist nur so, daß unter verschiedenen Umständen die Gefahren von verschiedenen Leuten unterschiedlich stark wahrgenommen werden. Carola ist jetzt eben dran. Ich habe vielleicht nicht genug Phantasie. Oder im Moment nicht genug Phantasie. Ich weiß es nicht."

"Ich weiß noch, wie sie geheult hat, als die Sache mit dem Reaktor passierte. Danach aber nicht mehr."

"Muß für dich als Schriftsteller doch enorm interessant sein!" sagt Edwin.

"Wieso?"

"Zu sehen, wie die verschiedenen Menschen in Extremsituationen so ganz unerwartet reagieren!"

"Vielleicht. In Extremsituationen bin ich aber meistens damit beschäftigt, selber zu reagieren. Dann habe ich keine Muße, andere zu beobachten und zu analysieren."

"Lernt man nicht mehr über die Menschen, wenn man zu schreiben versucht?" fragt Edwin.

"Wahrscheinlich nicht, weil - was soll denn das heißen: 'zu schreiben versucht'?"

"Lernt man nicht mehr über die Menschen, wenn man schreibt, meine ich!"

"Aha. - Nein. Wahrscheinlich nicht. Ich kann genausowenig vorhersagen, wie sich jemand in ungewohnten Situationen verhält. Einschließlich meiner eigenen Person. Könnte ich es, dann könnte ich ja aufgrund dieser profunden Menschenkenntnis herausfinden, wer der große Unbekannte ist, oder?"

"Das wäre nützlich."

"Ich kann es aber nicht. Ich habe es nicht gelernt. Auch das Schreiben nicht. Ich habe mich nie so besonders für das Schreiben interessiert. - Vielleicht gibt es die Berufung zum Schriftsteller gar nicht, und man schreibt eben nur dann, wenn man etwas zu sagen oder zu berichten hat. Das aber hängt von Zufälligkeiten der eigenen Biographie ab."

"Ob man zum Beispiel zufällig in die Welthöhle hineingestolpert ist, ja?"

"Genau. - Gewiß, die Sprache muß man schon beherrschen. Und den Wunsch haben, etwas zu Papier zu bringen. Vielleicht noch mehr. - Hemingway hat einmal gesagt, es sei die Kunst - oder Aufgabe? - des Schriftstellers - oder des Journalisten? - einen wahren Satz zu schreiben. Das wäre der Anfang und die Basis aller weiteren schriftstellerischen Aktivitäten. - Ich weiß nicht, ob ich das tue."

"Du beschreibst doch einfach, was geschieht?"

"Und manchmal, was ich selbst mache, und warum. Da kann ich dem Leser beliebig etwas vorlügen. Und mir selbst auch. Ich merke es vielleicht nicht einmal. - Es ist sehr schwer. Seelischer Striptease. Öfter gerät man an Dinge, die man dem Leser besser nicht erzählen will. Und dann lügt man den Leser eben an."

"Zum Beispiel, wenn man Aggressionen hat und jemanden umbringen möchte?" vermutet Edwin, "Oder seltsame Variationen des eigenen Sexualtriebes verspürt?"

"Das zweite ist nicht mein Thema. Jeder hat sexuelle Vorstellungen, die einfach nicht in die Realität hinein abbildbar sind. Insofern ist das wieder weniger interessant. Aber die Sache mit den Aggressionen. - Wenn du an Osont denkst, da habe ich eigentlich nicht verschwiegen, daß ich den Wunsch hatte, ihn zu töten. Und daß ich es auch getan habe."

"Aber du hast Skrupel beschrieben, als du ihm die Luft abgedrückt hast, in seinem wehrlosen Zustand. Hast du die wirklich gehabt?"

"Du mußt immer daran denken, daß ich das alles viel später aufgeschrieben habe. Alles ist in der Erinnerung schon wieder durchgemahlen worden. Reflektiert. Verdrängt. Wieder hervorgeholt. Rechtfertigungen sind entstanden, im Nachherein. - Ich hatte Skrupel - aber natürlich sind mir die Gedanken nicht wortwörtlich so durch den Kopf geschossen, wie ich es beschrieben habe. Das kann man gar nicht - nicht bei dem zeitlichen Abstand."

"Also, mit dem 'wahren Satz' ist es nichts?"

"Ich glaube, - jaein. Keine Ahnung. - Ich war in der Welthöhle, das habe ich geschrieben, und das ist auch wahr. Alles weitere - Tja."

Edwin nickt. "Dann kann es wohl niemand? - Die Wahrheit beschreiben."

"Als Schriftsteller beschreibt man sowieso nur eine subjektive Wahrheit. Sonst schreibt man ein Fachbuch, und nicht einmal ein gutes. Subjektivität ist für jeden etwas anderes - das subjektive Erleben der Welt. Das ist ein so kompliziertes Wahrnehmungsgebäude - das bringt man einfach nicht zu Papier. Und jemand anders kann es sowieso höchstens teilweise verstehen. Denn der andere hat eine andere Subjektivität. - Vielleicht sollte man alle subjektiven Überlegungen weglassen und sich auf die objektiven Ereignisse und Beschreibungen beschränken. Aber schon die Auswahl ist wieder subjektiv, und jede Wahrnehmung ist sowieso gesteuert durch das eigene Ich und seine Beschränkungen. - Vielleicht, denke ich, macht das die Belletristik so interessant! So viele subjektive Welten, die sich niemals auf einen Nenner bringen lassen. Soviele persönliche Wahrheiten."

"Dann kriegt jetzt jeder seine ganz besondere persönliche Wahrheit serviert." sagt Edwin.

"Das ist eine harte Wahrheit," sage ich, "für Colbert, zum Beispiel. - Das Leben ist ein Buch, das mit dem Tode endet. Und es hat nur einen einzigen aufmerksamen Leser!"

"Brilliant! - Das würde ich verwenden, wenn du noch einmal ein Buch schreibst!" sagt Edwin.

"Ich werde es mir merken!" verspreche ich.

Während ich mit Edwin rede, kann ich die Gedanken schweifen lassen, weil ich ja eigentlich nur Dinge erzähle, die ich auch schon anderen erzählt habe. Dabei kommt mir eine Idee: Was wäre, wenn es sich bei dem großen Unbekannten gerade um Colbert oder Elderman gehandelt hat? Wieviel Probleme wären dann jetzt für uns gelöst! Aber ich glaube irgendwie nicht daran.

"Sollte man ihn besuchen? - Elderman, meine ich." frage ich, um das Thema zu wechseln.

"Die Morton wird dir mit dem nackten Arsch ins Gesicht springen, wenn du es versuchst! - Der ist noch nicht besuchsfähig."

"Woher weißt du das?"

"Ist doch klar, bei der Verletzung. Außerdem habe ich die Yay gefragt."

"Aha."

Am anderen Morgen gibt es eine Schiffsversammlung, und zwar erst um 10 Uhr. Vorher bringen die Schiffingenieure die Außenortung auf den neuesten Stand, damit wir Entscheidungsgrundlagen haben.

Die CHARMION bewegt sich in dieser Nacht vom 8. auf den 9. Februar 1999 nicht um einen Zentimeter. Wellington will vor jeder weiteren Exkursion ein hundertprozentig einsatzfähiges Boot.

Amerlingen eröffnet, als endlich alle bis auf Doktor Morton und David Aldingborg in der Kantine versammelt sind: "Tagesordnungspunkt für heute: Zustand des Bootes - Zustand der Navigation - Weiteres Vorgehen. Einwände?"

"Zustand Elderman?" frage ich.

"Schlecht. Aber da wir da nichts tun können - außer diese Versammlung deshalb hier abzuhalten und nicht in der Zentrale - eignet sich das nicht für dieses Forum."

"Wir kommen darauf zurück." sage ich. Amerlingen läßt sich seine Verwunderung nicht anmerken, oder er ahnt, worauf ich hinauswill.

"Also einverstanden. Das Boot. Ich darf zusammenfassen, ja? So, wie es aussieht, ist nichts wesentliches zu Bruch gegangen. Das trifft auch besonders für alles zu, was sich außerhalb des Druckkörpers befindet: Kameras, Scheinwerfer, alle Vortriebs- und Manöverpropeller.

"Äußere Tauchtanks?" frage ich.

"Geprüft. Auch dicht. Kaum zu glauben, aber wahr. - Die Kollisionsschienen sind ordentlich verschrammt - aber dazu sind sie da."

"Wie knapp war es eigentlich?" fragt der Pater.

"Das wird für immer ein Rätsel bleiben. Die Aufzeichnungen der Trägheitsnavigation sind ungenau - sehr ungenau. Es hat einfach niemand damit gerechnet, daß das Boot jemals solchen heftigen Bewegungen ausgesetzt werden würde. Was uns wahrscheinlich vor dem drohenden Versagen des Druckkörpers gerettet hat, ist der plötzliche Druckabfall, der Millisekunden vor den stärksten Beschleunigungen auftrat. Tatsächlich sollte das Boot in der Lage sein, ohne diesen großen Außendruck von einem riesigen Tennisschläger in einer Zehntelsekunde auf Schallgeschwindigkeit gekickt zu werden, ohne zu zerbrechen. Solche Beschleunigungen würde natürlich niemand an Bord überleben, ob angeschnallt oder nicht. Tatsächlich war unsere größte Geschwindigkeit etwa 180 Meter pro Sekunde, und da die Beschleunigungen für Sekunden anhielten, sind wir Beschleunigungen von bis zu einem Dutzend G ausgesetzt gewesen. Mehr nicht."

Er macht eine Pause, um diese Information wirken zu lassen. Ein Dutzend G! "Warum hat es dann auch nicht unter den angeschnallten mehr Knochenbrüche und Genickbrüche gegeben?" frage ich. Nur zu gut erinnere ich mich an Carola's Kopf, der in meinem Blickfeld schaukelte, als ob ihn jemand abreißen wollte.

"Glück. Zufall. Und die Beschleunigungen stiegen so an, daß alle die Nackenmuskeln rechtzeitig maximal angespannt haben. Außerdem hängt sowas von der Richtung der Beschleunigungen ab. - Ich glaube, es hätte jetzt schon die Hälfte der Besatzung tot sein können, unter geringfügiger Variation der Umstände. Wir hätten zum Beispiel bloß mit den Felswänden kollidieren müssen. Es kann sich ja jeder die Aufzeichnungen ansehen, um zu erkennen, wie nahe wir dran waren."

"Aber das Boot wäre auch heil geblieben?" fragt Cohäuszchen.

"Wahrscheinlich ja."

"Beruhigend." Kurzes Lachen in der Runde. Amerlingen redet weiter:

"Unsere Trägheitsnavigation ist natürlich nicht ganz aus dem Tritt gekommen, weil wir in der kurzen Zeit der heftigsten Bewegung nicht weiter als ein paar hundert Meter versetzt worden sein können - die Richtungen der Bewegung haben sich ja dauernd geändert. Die Jungfrauen-Spalte ist nicht mehr als 1 bis 3 Kilometer von uns entfernt. Genauer wissen wir es nicht. Aber das ist ja genau genug, um definitiv festzustellen, daß wir uns in einem Wasservolumen aufhalten, das keine Verbindung zu den Weltmeeren hat. Jedenfalls die meiste Zeit."

"Also sind wir in der Welthöhle?"

"Wir kommen gleich dazu. Die meisten wollen sicher wissen, was eigentlich genau passiert ist, und manche haben ja schon Mutmaßungen unseres Geologen gehört. Gibt es neue Erkenntnisse, Herr Amurdarjew?"

Gerald steht auf, damit ihn alle hören können. Er tritt hinter seinen Sitz:

"Ich kann nicht viel neues sagen. Am plausibelsten ist folgendes: Es gibt eine Art Ventil, das die Welthöhle gegen das Wasser der Ozeane abschließt. Dieses ist nicht ganz dicht, so daß es zu den etwa 15 Kubikmetern Wasser pro Sekunde kommt, die aus dem äußeren Höhlensystem in die Welthöhle einsickert. Diese Leckrate ist nicht konstant, sie kann kleiner, aber auch vielleicht viel größer sein. - Und es gibt einen Mechanismus, der dieses Ventil von Zeit zu Zeit öffnet. Dabei wird Wasser sowohl von außen in die Welthöhle genommen als auch welches nach außen gedrückt. - Welche dieser Wassermengen größer ist, und ob dieses Verhältnis bei jeder dieser Öffnungsvorgänge dasselbe ist, das wissen wir nicht. - Wahrscheinlich geht bei diesen Öffnungsvorgängen mehr Wasser raus als rein."

"Welche Wassermenge?" fragt Cohäuszchen, "Welche Wassermenge wird denn da ausgetauscht?"

"Größenordnung einige Dutzend Millionen von Kubikmetern. - Soviel muß es mindestens sein, um das Süßwasser in den Außenhöhlen zu erklären. - Ja, und über die Häufigkeit dieses Öffnungsmechanismus kann man nur spekulieren. Er könnte in Abständen von Monaten oder Jahren ausgelöst werden. Mehr kann es nicht sein, wegen der Wasserbilanz, und weil es dann sehr unwahrscheinlich wäre, daß dieser Mechanismus gerade bei unserer Anwesenheit ausgelöst worden wäre."

"Können wir ihn ausgelöst haben?" fragt Cohäuszchen.

"Glaube ich nicht. Weiß ich aber nicht. - So, das rätselhafte ist - ja, rätselhaft ist eigentlich eine ganze Menge. In geologischen Zeiträumen müßte dieser Mechanismus ja Millionen Male ausgelöst worden sein. Für irgendeine mechanische Vorrichtung erscheint mir das viel. Kein Haushaltswasserhahn hält einige Million Betätigungen aus. Dann - die erheblichen Erschütterungen. Wie stark sie waren, haben wir ja alle am eigenen Leib zu spüren bekommen. Daß wir oben mit seismischen Messungen so gar nichts davon bemerkt haben sollten!"

"Wie die Welthöhle selber!" sage ich, "Derselbe Grund, der die Welthöhle der seismischen Exploration entzieht, muß auch schon diese Vorgänge seismisch abgeschirmt haben!"

"Wahrscheinlich ist es so. Bleiben nur noch die Fragen nach der genauen Natur dieses Mechanismus, und danach, wie er angetrieben wird. Da wurde ja schon mehrfach über die Kohlensäureexplosionen spekuliert, die Herwig aus der Welthöhle berichtet hat. Diese Vorgänge, die wir ja auch nicht genau kennen - gar nicht kennen, muß man sagen - müssen sehr heftig sein. Immerhin haben sie in der Welthöhle zu der Bezeichnung 'Donnerndes Meer' geführt. - Herwig, dieser Sturm, der vor der Insel der Sachinor euren Saurierfänger zerschlagen hat, war eigentlich das der Ausläufer einer Kohlensäureexplosion?"

"Weiß ich nicht." antworte ich, "Heftige meteorologische Vorgänge könnten auch auf andere Weise entstehen. Aufbau eines zu großen vertikalen Temperaturgradienten, zum Beispiel. Meteorologen haben ja schon darüber Vermutungen angestellt, ob diese stabile Luft- und Wolkenschichtung, wie ich sie beschrieben habe, überhaupt stabil sein kann. Da muß ja schließlich eine ganze Menge Erdwärme irgendwie durch die Welthöhle durch!"

"Das stimmt. - Gut. Da wissen wir also auch nichts genaues. Kohlensäureexplosion - vielleicht. Ob das wirklich etwas mit Kohlensäure zu tun hat, wissen wir ja auch nicht - den einzigen meßbaren Hinweis in diese Richtung haben wir in der Tatsache, daß jetzt draußen im Wasser soviel Kohlendioxid gelöst ist, daß dem im Geichgewichtszustand in einer darüberliegenden Atmosphäre eine so hohe Konzentration dieses Gases entsprechen würde, daß Herwig und seine Frau damals ihr Abenteuer nicht überlebt hätten. Die umgebenden chemischen Werte sind also kein Gleichgewichtszustand. Kann man dem soweit folgen?"

"Ja." sagt Cohäuszchen, und auch andere nicken.

"Und der Mechanismus. - Tja. Nichts genaues weiß man nicht. Eine Vorausalternative ist: Künstlich oder natürlich? - Ich will ja niemanden beeinflußen, aber die Heftigkeit der Vorgänge lassen auf einen natürlichen Vorgang schließen."

"Und ihre genaue und häufige Wiederholbarkeit?" frage ich, "Und die perfekte seismische Abschirmung?"

"Ich habe keine hundertprozentig passenden Antworten versprochen. Die seismische Abschirmung ist ein Phänomen, das die gesamte Welthöhle betrifft. Und die genaue Wiederholbarkeit - Tja, das ist wirklich ein Problem. Herwig, der Kippsteinmechanismus, durch den ihr zum Schluß in das Loch Ness gekommen seid - war der natürlich oder künstlich?"

"Da würde ich auf künstlich tippen. Zumindestens teilweise. Vielleicht waren geeignete Höhlen und ein geeignet instabil gelageter Fels vorher vorhanden. Aber die ganze Dimension dieser Anlage war ja viel bescheidener. Das kann durch Menschenhand gemacht werden, insbesondere auch deshalb, weil wir wissen, daß es in der Welthöhle Wesen gegeben hat - oder irgendwo noch gibt - die mit der Bearbeitung von Fels hervorragende Erfahrungen und Fertigkeiten haben. - Ja, aber es ist ein Unterschied, ob man Anlagen für Druckunterschiede von einigen Bar oder von tausend Bar baut. Letzteres - ich darf nur daran erinnern, daß es auch in unserer technischen Zivilisation nicht viele Einrichtungen gibt, die mit solchen Druckunterschieden umgehen können, und daß dieses Boot dazu gehört, und jeder hier weiß, was es gekostet hat. Nein, wenn ihr mich fragt - das wo wir gestern durchgekommen sind, das ist nicht künstlich. Nicht einmal künstlich manipuliert."

"Das macht die Beantwortung der Frage nach diesem Mechanismus nicht eben einfacher!" sagt Gerald.

"Macht doch mal ein Denkmodell! Wenigstens ein geologisch denkbares Modell, das die Vorgänge erklärt!" schlägt Amerlingen vor.

"Wenn ich das versuche, denke ich immer an Herwig's Kippstein oder Wippstein!" sagt Gerald, "Und ob es so etwas sein könnte."

"Das müßte schon ein ganzer Berg sein! Ein Kippberg eben." werfe ich ein.

"Gut. Dann mal so: Wir wissen, daß der Oesophagus maximus und die Jungfrauen-Spalte deutlich tiefer lagen las das Tiefenniveau der Meeresoberfläche in der Welthöhle - selbst, wenn die Schätzungen für die letztere ein paar tausend Meter daneben liegen. Gut. Stellen wir uns mal vor, diese langen Außenhöhlen UNTERTUNNELN die Welthöhle und die Meere in ihr stellenweise!"

"Phantastische Vorstellung!" sage ich.

"Nicht wahr? Wir hatten die Welthöhle schon über unseren Köpfen! - Da ließe sich auch etwas über die Umgebungstemperaturen, die wir im Oesophagus maximus vorgefunden haben und die wir hätten vorfinden müssen, sagen. Aber dazu kommen wir später. Also: Wir waren schon unter der Welthöhle. Stellen wir uns dann eine Verbindung zur Welthöhle vor - einen Spalt etwa. Durch den müßte ja, bedingt durch den immensen Druckunterschied, eine immense Wassermenge hindurchschießen. Mit enormen Geschwindigkeiten. Wenn nicht ..."

"Wenn nicht?" frage ich.

"Wenn nicht oben, auf dem Spalt, etwas draufliegt."

"Unser Kippberg?"

"Genau. Jedenfalls ein Konglomerat aus Felsen oder irgend etwas, das in der Lage ist, diesen Spalt gegen den immensen Druck abzuschließen. Und das wohl nur durch das Eigengewicht. Das würde zum Beispiel die Leckrate erklären, und ihre Änderungen. Die Schleifspuren in den äußeren Höhlen würde es erklären."

"Moment. Noch nicht. Die sind erst erklärbar, wenn man annimmt, daß dieser Kippberg ab und zu etwas angehoben wird, und so dieses Ventil quasi aufgeht!" sage ich.

"Stimmt - ich war schon etwas zu weit. Der Öffnungsmechanismus. Große, explosionsartige Vorgänge, die diesen Berg anheben und gleichzeitig an diesem Spalt einen solchen Überdruck erzeugen, daß Wasser nach außen gedrückt wird. Viel Wasser."

"Mmh." sagt Cohäuszchen. Gerald sieht ihn erwartungsvoll an: "Ja?"

"Jetzt muß ich aber mal aus dem Nähkästchen plaudern - ich habe mit Sprengstoffen gearbeitet. Ein handelsüblicher Sprengstoff erzeugt Detonationsdrucke von einigen zehntausend Bar - das ist schon richtig. Aber schon in geringem Abstand vom Detonationspunkt werden so hohe Drucke bei weitem nicht mehr erreicht. Und um hier Wasser nach draußen zu drücken, sind doch über tausend Bar notwendig, nicht? Wenn wir dann noch über diese Kohlensäureexplosionen spekulieren, bei denen es sich ja allenfalls um heftige Entlösungsvorgänge handeln kann - mit solchen Vorgängen sind solche Drucke nicht machbar!"

"Auch, wenn sich das ganze unter viel höheren Grunddrucken abspielt? 300 Bar haben wir hier noch!"

"Ich - äh - weiß nicht. Tja, es hat wenig Grund gegeben, sich mit der Löslichkeit von CO2 unter 40 bis 50 Grad und 300 Bar an aufwärts zu beschäftigen."

"Also Neuland der physikalischen Chemie?" fragt Amerlingen.

"Ich werde die Literatur durchkämmen!" verspricht Cohäuszchen.

Gerald fährt fort: "Es ist ja nur eine Idee unter vielen - es muß ja nicht eine Kohlensäureexplosion sein. Wir wollten ja auch nur ein plausibles Denkmodell entwickeln, nicht?"

"Ja, sicher! Das ist doch schon sehr schön!" sagt Amerlingen.

Kommen wir denn auf demselben Wege zurück?" frage ich, "Das müßte doch mit dem Wasserstoß nach draußen möglich sein!"

"Ne. Das würde ich nicht versuchen. Wir haben einfach Glück gehabt, daß wir nirgends angestoßen sind. Bei diesen Strömungsgeschwindigkeiten. Außerdem kennen wir das genaue Timing nur ungenau." Amerlingen hat sich wohl über das Zurückfahren schon mehr Gedanken gemacht. "Es gab zunächst eine Strömung nach außen. Da war die Spaltdecke noch zu. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Boot nach unten gedrückt und klemmte sich dabei fest. Dann wurde der Kippberg angehoben - wenn es denn ein solcher war - und die Strömung kehrte sich um und nahm die maximalen Werte an. Damit wurde das Boot aus der Einklammerung befreit und in die Welthöhle gespült. Dann aber stieg der Druck wieder an, bedingt durch die Druckwellen der Kohlensäureexplosion, die jetzt erst ankamen, und die Strömungsrichtung kehrte sich wieder um. Dabei blieb es dann, bis der Kippberg sich wieder in seine vorherige Position senkte. - Letzteres ist etwas spekulativ, weil das Boot inzwischen nicht mehr am Ort des Geschehens war. - Wäre es das gewesen, dann wären wir eventuell gleich wieder aus der Welthöhle hinausbefördert worden, oder, schlimmer, der Berg hätte uns zerquetscht."

Gerald nickt dazu: "So würde ich es auch sehen."

"Das heißt doch," fasse ich zusammen, "daß wir es einem extrem unwahrscheinlichen Vorgang zu verdanken haben, daß wir angekommen sind! Das konnte niemand vorhersehen! - Dieses ganze Unternehmen beruhte aber auf der Annahme, daß es eine solch unwahrscheinlich erscheinende Möglichkeit geben müsse! - Als SF-Autor dürfte man sich so etwas nicht einfallen lassen. Das kaufen einem die Leser nicht ab! - Aber ein so teures Projekt auf eine so schwache Annahme zu stellen, das ging offenbar ganz gut."

"Herwig denkt schon wieder an sein nächstes Buch!" grinst Edwin, und Cohäuszchen schlägt vor: "Dann verschweige doch einfach alles! Du kannst ja schreiben, daß wir durch Teleportation hineingekommen sind!"

"Du bist unernst." stelle ich fest.

"Wollen wir zum Thema zurückkommen?" fragt Wellington, der sonst noch nichts gesagt hat.

"Ich bin eigentlich jetzt fertig." sagt Gerald, "Noch mehr Einzelheiten herauszuspekulieren wäre unklug. Der Möglichkeiten sind zuviele."

"Okay." meint Amerlingen, "Ja, danke. Zumindestens können wir uns jetzt etwas vorstellen. Und was die Rückkehr betrifft, so haben wir ja die zwei Möglichkeiten, die Herr Homberg uns in seinem Buch beschrieben hat."

"Nicht unbedingt." sage ich, "Ich weiß nicht, ob der Wippstein wieder in seinen vorherigen Zustand zurückgekehrt ist."

"Was ist jetzt schon noch gewiß. - Also. Letzter Tagesordnungspunkt: Das weitere Vorgehen. - Ach ja, vorher möchte ich noch erwähnen, wie unsere Navigation beeinflußt worden ist. Es hat zwar Fehler gegeben, aber die können in ihrer Größe nach oben abgeschätzt werden. Wir gehen davon aus, daß unsere letzten Tiefenmessungen in der Jungfrauen-Spalte, bevor die Strömungsvariationen einsetzten, korrekt waren. Das waren an ihrem oberen Ende 15100 Meter. Die Trägheitsnavigation behauptet nun, daß wir um bloß 70 Meter nach oben versetzt worden sind. Die Unsicherheit ist allerdings plusminus 200 Meter. Daraus, daß wir jetzt eine Tiefe von 3050 Metern messen - Süßwasser vorausgesetzt, was ja konsistent mit den Beobachtungen von Herrn Homberg in der Welthöhle ist - ergibt sich, daß die tatsächliche Tiefe der Oberfläche der Meere in der Welthöhle 15100 - 70 - 3050 Meter ist. Das sind 11980 Meter."

"Moment," sage ich, "Drucktiefe entspricht nicht tatsächlicher Tiefe. Oben haben wir wahrscheinlich etwa vier Bar!"

"Lassen Sie mich doch ausreden! Ich komme gerade dazu. - Also, wenn der atmosphärische Druck tatsächlich vier Bar ist, wie Herr Homberg damals vermutet hat, dann müssen wir noch einmal 30 Meter von der derzeitigen Drucktiefe abziehen - wir hätten also nur 3020 Meter Wasser über dem Kopf. 15100 - 70 - 3020 Meter sind 12010 Meter. Also rund 12 Kilometer. Das sind 1500 Meter mehr als Sie es damals geschätzt haben. Würden Sie das für möglich halten, Herr Homberg?"

"Ja. Daß der Höhenmesser ein bißchen Blödsinn anzeigt, unter diesen Bedingungen, für die er nicht gebaut wurde, das haben wir ja schon vermutet. Und was unsere körperliche Anstrengung betrifft - ich weiß nicht. Wir wären dann also um 15 Prozent leistungsfähiger gewesen als wir es vermutet haben. - Naja, ausgeschlossen ist es natürlich nicht. - Andere Möglichkeit wäre, daß der Meeresspiegel in der Welthöhle um 1500 Meter abgesunken ist. Aber das können wir wohl ausschließen, denke ich. Wo sollte das viele Wasser sonst auch hingekommen sein?"

"Gut. 12 Kilometer. Dann: Die momentane Außentemperatur ist fast dieselbe wie in der Jungfrauen-Spalte, nämlich 48 Grad. Äh - Die Oberflächentemperatur des Wassers in der Welthöhle war weniger, nicht wahr, Herr Homberg?"

"Körpertemperatur. 37 Grad etwa. Mehr hätten wir ja gar nicht ausgehalten - es war soweiso die ganze Zeit an der Grenze."

"Gut. Das heißt also, daß es hier keine zu direkte Verbindung zur Oberfläche des Welthöhlenozeans geben kann, weil sich sonst die Temperaturen durch Konvektion schnell angleichen würden."

"Nana - so einfach ist das nicht!" widerspreche ich, "Es ist durchaus möglich, daß die Wasseroberflächentemperatur lokal gelegentlich höher ist!"

"Gut. Also noch eine offene Frage." sagt Amerlingen, "Also - weiteres Vorgehen. Die Frage beinhaltet: Weitere Kurse, Druckangleich an die hiesigen atmosphärischen Verhältnisse, und Angleich an den 27-Stunden-Rhythmus. Vorschläge?"

"Druckangleich geht nicht wegen Elderman." sagt Edwin, "Doktor Morton sagt, er stirbt, wenn wir den Druck im Boot erhöhen!"

"Mmh." sagt Amerlingen, "Das hat sie mir auch schon angedeutet."

"Das müssen wir ja auch nicht überstürzen!" schlage ich vor, "Noch sind wir nicht an der Oberfläche. Den genauen Druck dort kennen wir auch noch nicht."

"Das Problem ist" sagt Amerlingen, "daß wir eine Druckerhöhung von einem auf vier Bar nicht momentan vornehmen können. Sie haben sich damals auf Ihrem Weg nach unten langsam aklimatisieren können. Sie haben sich gleichzeitig körperlich angestrengt. Das alles fällt jetzt bei uns weg! Wir müßten den Druck langsam steigern."

"Ja, sicher! Aber wir brauchen die Luken ja nicht gleich aufzumachen, wenn wir an die Oberfläche kommen!"

Amerlingen sieht Wellington an. Der kratzt sich am Kopf: "Vertagen wir diese Entscheidung. Vielleicht gibt es ja bis dahin andere Gesichtspunkte."

Das war ein bißchen undiplomatisch. Wohl nicht nur ich habe daraus verstanden: 'Vielleicht ist Elderman bis dahin tot.'

"Gut. Vertagen wir. - Es gäbe dann ja auch noch die Möglichkeit, den Druck im Boot so langsam zu steigern, daß das sogar für einen Schwerverletzten erträglich ist. Ich werde das mit Frau Doktor Morton abklären. - Was ist mit dem 27-Stunden-Tag?"

"Niemand zwingt uns, diesen Rhythmus mitzumachen. Außerdem liegt er im Moment etwas ungünstig!" sage ich und zeige auf den SISC: Wenn der 27-Stunden-Rhythmus exakt diese Länge hat, dann beginnt heute die Schlafperiode um 8 Uhr morgens und endet um 17 Uhr am Nachmittag.

"Vertagen wir das also auch. Gut. Weiteres Programm also: Suchkreuzen. Wie sich inzwischen wohl rumgesprochen hat, gibt es 450 Meter über uns eine Felsdecke. Ob diese zum Kippberg gehört, oder wie unsere Umgebung sonst aussieht, wissen wir nicht. Wenn wir die Außenscheinwerfer ausmachen, können wir keinerlei anderes Licht nachweisen. An Geräuschen haben wir schwaches, anisotropes Rauschen und Geräusche, die sich als Tierlaute deuten lassen. Das heißt, daß es einen Weg zur Oberfläche gibt. Geben muß. Wir müssen ihn nur noch finden. Das tun wir jetzt. Einwände?"

Als das nicht der Fall ist, beendet Amerlingen die Versammlung: "Gut. Haben wir noch etwas?"

"Wann feiern wir?" fragt Cohäuszchen.

"Sowie Herr Elderman in der Lage ist, mitzufeiern. Nochwas?"

"Gibt's Hinweise, daß das 'Ventil' nicht ganz zu ist? Geräusche?" frage ich.

"Nein. Wir empfangen keine. Nochwas? - Gut. Ich danke Ihnen. Bitte auf die Stationen!"


Copyright © Josella Simone Playton 2000-09-15 14:00:00



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