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56. Übertritt
Gleichzeitig scheint das Boot wieder zu schwanken. "Macht ihr euch jetzt endlich auch Sorgen?" frage ich. Einige stehen auf, um die Kantine zu verlassen. Anderen steht die Verwirrung noch im Gesicht geschrieben.
"Hier spricht der Käptn. Alle sofort auf die Stationen! Selbstsicherung für alle! Ich wiederhole ..." hören wir über die Rundspruchanlage.
Er braucht es nicht zweimal zu sagen. Als ich den Niedergang zum vorderen Oberdeck hinaufrenne, trete ich zweimal fehl, weil das Boot immer stärker schwankt. Vielleicht dauert es deshalb fast eine halbe Minute, bis ich endlich angeschnallt auf meinem Sitz sitze, und ich bin nicht einmal der letzte.
Das Boot fällt - das ist deutlich. Die Strömung hat sich umgekehrt und ist stärker geworden. Wahrscheinlich kratzen wir jetzt ganz ordentlich an den Felsen entlang, aber davon ist bei dem Donnergrollen nichts zu hören - weder direkt noch über die übersteuerten Außenmikrophone. Außerdem spüren wir das Zittern des Bootes - es wird von heftigen Erschütterungswellen gekreuzt.
"Wie war das noch, mit 'hier gibt es keine Erdbeben?'" frage ich.
"Ich wette, daß man davon an der Oberfläche nichts merkt!" sagt Gerald.
Da treibt uns ein ordentlicher Ruck in die Sitze. Das Boot, so erkennen wir an der Anzeige, ist in wenigen Sekunden auf mehr als Schrittgeschwindigkeit beschleunigt worden, und jetzt hat es sich irgendwo festgekeilt. Und das bei diesem Druck!
Auf der Umgebungsortung können wir leicht erkennen, warum: Die starke Abwärtsströmung hat das Boot in der Jungfrauenspalte ja nicht genau auf demselben Weg nach unten gedrückt, den wir nach oben genommen haben - wir haben ja schließlich alle Stellen vermieden, die für das Boot zu eng waren. Jetzt hatten wir diese Wahl nicht mehr. Und an der Stelle, wo wir jetzt sind, müßte das Boot einen halben Meter weniger breit sein, um weiter direkt senkrecht nach unten durchzukommen.
Daß es überhaupt die zusätzlichen Kräfte in dieser engen, spitzwinkligen Spaltengeometrie aushält! In dieser Tiefe! Die mechanischen Belastungen müssen viel größer sein als dort, wo wir beim Sonnenstein festgeklemmt waren. - Und die Abwärtsströmung draußen wird immer größer. Selbst, wenn das Boot jetzt manöverierfähig wäre, gäbe es keine Möglichkeit, sich aus dieser Lage zu befreien.
Der Krach wird lauter. "Herr Kollege, du hast recht gehabt!" sage ich zu Gerald, obwohl mir nicht zum Scherzen zumute ist, "Für mich hast du den Nobelpreis für Geologie verdient!"
"Den gibt es nicht." sagt Gerald, "Und daß ich recht hatte, weiß ich sowieso."
"Mensch, sieh dir diesen Druck an!" sagt Carola. Sie ist ansatzweise weiß im Gesicht.
Sie hat recht: Der Druck steigt. Wahrscheinlich Strömungswiderstand in den Höhlen, die wir auf unserer Herfahrt durchfahren haben - dieses Wasser, das jetzt von oben in diese Spalte hineinschießt, muß ja irgendwo hin. Wir sind jetzt etwa 60 Meter unter dem oberen Spaltende, müßten also eine Drucktiefe von 15160 Metern haben. Der Anzeige nach sind es aber 16200 Meter - über 100 Bar zusätzlich! Ich versuche, im Kopf abzuschätzen, was man daraus bezüglich der Geometrie der Höhlen, durch die jetzt dieses zusätzliche Wasser gepreßt wird, entnehmen kann, aber es gelingt mir nicht. Sicher ist, daß so eine Formation wie der Oesophagus maximus nicht bis zum Ozean mit gleicher lichter Weite durchgehen kann, denn dann würden einige Dutzend bis hundert Kubikmeter pro Sekunde relativ folgenlos bleiben. - Aber egal, wie der Druck erzeugt wird - das Boot muß es aushalten! Dazu kommen noch die Wärmespannungen, die durch die momentane Außentemperatur von 47 Grad erzeugt werden.
Ich traue mich nicht, das Streßanalyseprogramm aufzurufen.
Die Strömung und der Lärm nimmt zu, die Erschütterungen sind so heftig, daß man jetzt nicht fehlerfrei auf einer Computertastatur schreiben könnte. "Sind alle angeschnallt?" höre ich noch einmal Wellington's Stimme über die Rundspruchanlage. Eine reichlich rhetorische Frage.
Und dann heult ein Klaxon auf. Wir alle sehen die gelbe Balkenschrift auf dem SISC:
SUPERVISOR CRASH PRIORITY MESSAGE: STRUCTURAL OVERLOAD! ADVISE SURFACING
Erst einmal können vor Lachen, denke ich. Kriegen wir jetzt doch noch raus, wo die Grenzen des Bootes liegen? Wo ist denn eigentlich die andere Dialogbox, die mit den 'maintenace activities'? Ist das Boot wieder manöverierbar? Nicht, daß es jetzt noch einen Unterschied macht.
"Ich habe Angst!" höre ich jemanden, aber ich erkenne die Stimme nicht, "Hätte ich es doch nicht getan!"
Was getan? Wer hat da gesprochen?
"Die Strömung wird schwächer." sagt Gerald. Spinnt der? Jeder hört doch, daß es noch lauter wird! - Komisch. Jetzt zeigt der SISC 13580 Meter Tauchtiefe an. Und dann sind es wieder 16640 Meter. Und 12110 Meter. Ich spüre ein knirschendes Zittern in den Armlehnen des Sessels, das seinen Ausgang im Bootskörper genommen zu haben scheint. Schwindel. Das Boot bewegt sich. Der Gleichgewichtssinn versucht, die Augen auszurichten, und alles wandert aus dem Blickpunkt aus. Es drückt mich schwer in den Sitz. Zu schwer. Und es sind 7200 Meter, sagt der SISC. So ein Blödsinn.
Carola's Kopf. Wird hin- und hergeschleudert. Hat sie einen Genickbruch? Wir können uns nicht verständigen, der Lärm ist zu laut. Die anderen auch - sehe ich auch so albern aus, auf dem Sitz hin- und hergeschleudert?
Und dann dreht sich das Boot. Über dem Lärm höre ich noch das Scheppern aus der Kantine. Niemand hat Tablets und Geschirr weggeräumt, denke ich. Es fliegt alles durch die Gegend. Das Blut schießt in den Kopf. Das ist gefährlich, denke ich - die diversen Aterien im Gehirn sind bei Menschen in unserem Alter nicht mehr so gut. Das könnte ein paar Gehirnschläge geben. Ob's einen roten Vorhang gibt? Aber nein, jetzt ist das Boot wieder richtig rum. Auf den Bildschirmen - die Außenansichten sausen vorbei. Schwer interpretierbar. Aber die Außenscheinwerfer müssen wohl noch leuchten. Qualitätsarbeit, denke ich. Wie das ganze Boot. Schade, daß es jetzt kaputtgeht. Diese Druckwerte! Der reinste Blödsinn.
'ADVISE SURFACING'. Steht da immer noch. Aber nun verschwindet die Box wieder. Hat der Rechner eingesehen, daß das Boot nicht durch massiven Fels hindurch auftauchen kann? Wie lange fahren wir jetzt schon bergauf? Wir müssen doch schon längst an der Decke der Jungfrauen-Spalte angekommen sein! Sind wir nicht eben noch abwärts gefahren?
Diese Schmerzen. Die Gurte schneiden ins Fleisch. Man versucht, die Stöße abzufangen, aber sie kommen immer wieder aus unerwarteten Richtungen. Jemand schreit. Ich kann nicht einmal erkennen, ob Mann oder Frau. Oder hier oder Nebenraum. Nein, Nebenraum kann es nicht sein. Das würde man nicht hören. Und wieder dreht sich das Boot. Mir ist übel. Irgendjemand muß doch jetzt kotzen, und die Kotze muß durch das ganze Boot fliegen! Ekelhaft.
Jungfrauen-Spalte. Wie angemessen, dieser Name! Mit einem Knall geht's rein, und die Folgen sind unvorhersehbar. Das Hymen hätte aber schon unten sein müssen. Geologie und Anatomie im Widerstreit. Jungfrauen haben in der Welthöhle sowieso nichts zu suchen.
Die Stöße waren hart. Man würde sie dem Boot gerne ersparen, aber man ist ja selber damit beschäftigt, nicht in Stücke gerissen zu werden, obwohl man angeschnallt ist. Und immer noch kein Wassereinbruch. Wer weiß, vielleicht ist das Unterdeck schon abgesoffen? Aber nein, wir haben uns ja schon mehrmals auf den Kopf gestellt. Jetzt tun wir es wieder. Dann wäre das Wasser schon hier. - Ich mag es nicht, wenn sich das Boot auf den Kopf stellt.
Carola's Kopf ist gerade in meiner Blickrichtung. Der pendelt wie wild. Mädchen, spann die Nackenmuskeln an! Daran hat niemand gedacht, daß man sich bei solchen Erschütterungen auf dem Sitz das Genick brechen kann. Ich will ihr etwas zurufen, aber ich höre nicht einmal meine eigene Stimme. Und wieder schlägt jemand von außen unser Boot. Und wieder. Hört das nicht auf, das Rollen um die Längsachse?
Es wird dumpfer, das Grollen. Das Boot dreht sich immer noch träge um die Längsachse. Aber langsamer. Kommt zur Ruhe - kopfüber. Nickwinkel vernachlässigbar, aber Schlagseite 180 Grad. Das ist nicht vernachläßigbar.
Das Licht. Die ganze Zeit hat es unverändert gebrannt. Auch jetzt. Die Bildschirme flackern nicht. Allerdings zeigen sie nichts an - das Wasser da draußen ist trüb von aufgewühlten Schwebestoffen.
Und das Grollen zieht sich weiter zurück.
"Ich glaube, wir haben es überstanden!" sagt Amurdarjew. Man kann es deutlich verstehen. Überstanden? Wir sind noch am Leben! - Er muß recht haben, wenn wir noch zu solchen Äußerungen in der Lage sind.
Es taucht wieder eine Dialogbox auf allen Bildschirmen auf. Wir kennen sie schon:
SUPERVISOR CRASH PRIORITY MESSAGE: SUPERVISOR CONTROLLED MANEUVER ATTENTION! MANUAL BOAT MANEUVER CONTROL IS BEING DISABLED FOR 25 MINUTES. MAINTENANCE ACTIVITIES IN PROGRESS.
Es ist 12:15 Uhr. "Herr im Himmel!" sagt jemand. War es der Pater? Und noch jemand sagt: "Was machen wir jetzt mit der angebrochenen Mittagspause?"
Unsere Lage ist unangenehm, weil das Boot auf dem Kopf steht und so bleibt. Das kann ein erwachsener Mensch nicht unbegrenzte Zeit aushalten. Aber wenn man vorsichtig ist, kann man sich aus dieser Lage gut befreien. Wellington macht jetzt einen entsprechenden Vorschlag über die Rundspruchanlage.
Ich überlege mir, ob das gut ist. Sich in diesen Stühlen wieder anzuschnallen dürfte schwierig sein, solange das Boot noch auf dem Kopf steht. Aber wir müssen es riskieren, denn die Situation scheint sich zu stabilisieren.
Die gelenkigsten befreien sich zuerst von ihren Stühlen und helfen dann den anderen. Die niedrige Höhe der Räume in der CHARMION kommt uns dabei sehr gelegen. Während wir arbeiten, zeigt Günther auf einen SISC:
"Entweder ist die Druckmessung gründlich kaputt, oder wir sind fast wieder zu Hause!"
Wir sehen es alle, die, die noch in ihren Stühlen hängen, sogar am besten: Unsere Tiefe ist 3050 Meter!
"Die Druckwarnung hat aber auch aufgehört!" sage ich, "Dann könnte es stimmen!"
"Können wir denn in der kurzen Zeit durch diese vielen Tunnels zurücktransportiert worden sein?" fragt Günther.
Wir bemühen und gemeinsam um Carola. Sie ist unverletzt. Ebenso der Pater, der als nächster dran ist. Solzbach schafft es derweil von alleine.
"Glaube ich nicht." sagt Gerald. Er untersucht sich selbst, wie die anderen auch, um rauszukriegen, welche der blauen Flecken ernsthafte Verletzungen verbergen.
"Was glaubst du nicht?"
"Daß wir all diese Höhlen zurückgepumpt wurden. Nein. Wir haben die Jungfrauen-Spalte nicht verlassen. Jedenfalls nicht nach unten."
"Nach oben war sie doch zu?"
"Das werden wir uns noch ansehen. Zum Schluß war sie es nicht mehr. - Glaube ich."
Der wirbelnde Dreck auf den Bildschirmen mit den Außenansichten setzt sich allmählich. Es kommt etwas in Sicht, was wie ein Boden aus Geröll und Schlamm aussieht. Natürlich steht alles auf dem Kopf.
"Bitte ernsthafte Verletzungen sofort an die Zentrale melden!" hören wir Wellington's Stimme, "Frau Yay, Herr Spaliter und Herr Serpinski, bitte ins Revier!"
"Ich bin doch gar nicht ernsthaft verletzt?" sagt Natalie. Dann aber versteht sie: Jemand anderes ist verletzt worden, und bei den Biologen an Bord kann man noch am ehesten vermuten, daß sie in der Lage sind, der Ärztin zur Hand zu gehen - wenn diese nicht selbst schwer verletzt sein sollte. Bloß das nicht, denke ich, und sofort habe ich die Vision eines Bootes voller Schwerverletzter, und keiner zu medizinischer Hilfe in der Lage.
Ich informiere die Zentrale, daß bei uns, so, wie es aussieht, niemand schwer verletzt ist. Dabei erfahre ich aber auch die Neuigkeiten: Colbert ist schwer verletzt. Schädelbruch und noch ein paar andere Sachen. Soweit man es bisher weiß. Er war im Reaktorraum und hatte sich nicht angeschnallt. Mehr erfahre ich nicht, aber ich nehme an, daß er einen unangenehmen Anblick bieten wird: Wer nicht angeschnallt war, muß fürchterlich hin- und hergeschleudert worden sein. Peer Elderman ist auch verletzt, aber ich erfahre nicht, wie schwer. Beide bedürfen jedoch dringender Hilfe unserer Ärztin, die unverletzt ist - um unsere blauen Flecken wird sich also jetzt niemand kümmern können.
"Noch einmal der Käptn. Das Boot ist fast auftriebsneutral - es könnte sich jederzeit von selbst wieder in die aufrechte Lage bewegen. Bitte achte jeder darauf, jederzeit etwas zum Festhalten in der Nähe zu haben!"
"Gute Idee," sage ich, als die Rundspruchanlage wieder schweigt, "wahrscheinlich würde sich das Boot aber nur sehr langsam drehen. - Was mich interessiert ist: Warum sind wir denn dann in dieser unwahrscheinlichen Lage liegengeblieben? Sind wir am Ende schon wieder eingeklemmt?" Wir betrachten die Bildschirme genauer.
Das Wasser ist immer noch nicht klar genug, um darüber etwas zu sagen. Der Grund ist sehr uneben, und allmählich rücken einige Felsbrocken in Sicht.
"Möchte wissen, wie unsere technischen Einrichtungen außerhalb des Druckkörpers aussehen!" sagt Edwin.
"Wir werden es bald herausfinden!" sage ich und deute auf die Dialogbox auf den Bildschirmen, die uns noch ein paar Minuten Inaktivität verspricht, "Das Boot ist bald wieder manöverierfähig. - Wenn ich denn zu fassen kriege, der uns das eingebrockt hat!"
"Dieses Erd-Wasser-Sonstwas-Beben eben gerade hat der uns nicht eingebrockt." sagt Gerald, "Das hätte uns sowieso erwischt!"
Ich habe etwas im Hinterkopf, irgend etwas ist mir während dieses Vorganges eben aufgefallen - etwas Wichtiges. Aber ich komme jetzt nicht drauf.
"Ernsthafte Schäden haben wir nicht." sagt Carola, "Seht euch die Streßanalyse an!"
Sie hat das Kunststück fertiggebracht, ein auf dem Kopf stehendes Terminal zu bedienen. Ich trete hinter sie, und die anderen interessiert das auch.
"Wesentliche Schäden außerhalb des Druckkörpers würde das Programm ja auch melden, nicht?" fragt Cohäuszchen.
"Ich glaube, ja. - Ja, natürlich." sagt Carola, "Aber das Interessanteste - seht euch die Kraftflüße an!"
Ich sehe, was sie meint: "Alle um einen Faktor fünf geringer. Die Tiefenmessung stimmt: Wir haben bloß noch 3050 Meter Wasser über dem Kopf!"
Carola dreht sich zu mir um: "Meinst du, daß wir - daß wir in deiner Welthöhle sind?"
"Es ist nicht 'meine' Welthöhle. Aber seht's euch doch an: Salzgehalt Null, Kohlendioxid am Anschlag der Löslichkeit! Ich glaube, ja! - In den Ozeanen sind wir nicht. Wie hätten wir da auch hinkommen sollen?"
Gerald faßt sich an den Kopf: "Wie hat denn das funktioniert? Kann mir das mal jemand erklären? Wenn wir wirklich da sind - wie sind wir da reingekommen?"
"Ich weiß es nicht." sage ich, "Irgendein 'Ventil-Mechanismus'. Irgend sowas. Aber ich weiß es nicht!"
"So ein Wippstein? Wie in deinem Buch?" fragt Carola.
"Bei dem Druckunterschied? Ein Ventilmechanismus, der gegen den Druckunterschied arbeitet - ich kanns mir nicht vorstellen. - Eventuell - Ich habs!"
"Was hast du?"
"Die Kohlensäure-Explosionen! Darüber habe ich doch spekuliert, nicht? Das Donnernde Meer! Das müssen die Vorgänge sein, die diesen Mechanismus eben angetrieben haben!"
Gerald geht auf und ab. Das ist auf der gekrümmten Decke des Bootes, die jetzt unser Fußboden ist, etwas schwierig - es gibt viele Möglichkeiten, sich anzustoßen. "Wenn das, was du sagst, richtig ist, Herwig, dann haben wir aber schon ein paar Antworten!"
"Ich stelle auch nur Vermutungen an!"
"Jaja. Aber plausible. Die plötzlichen starken Strömungen, die ich in diesen Tunnels vermutet habe. Die Schleifspuren, die Abwesenheit von Salzwasser. - Alles. Es könnte zusammenpassen!"
"Und wie?"
"Darüber muß ich noch nachdenken. Nebenbei - gibt's draußen Licht?"
"Das sind unsere eigenen Lampen." sage ich, "Und selbst, wenn die nicht wären - auch ein paar tausend Meter Wasser schirmen jede Spur von Licht schon recht gut ab."
"Jaja. Das stimmt natürlich."
Die Dialogbox verschwindet von den Bildschirmen. Sofort hören wir Wellington's Stimme: "Bitte jetzt jeder festhalten. Wir drehen."
"Optimismus hat er ja." sagt Cohäuszchen.
"Das Drehen an sich ist wahrscheinlich noch einfach. Im Krankenrevier haben sie's mit den beiden Verletzten zu tun - die müssen während des Drehens langsam umgebettet werden!"
Wer immer das Manöver einleitet, weiß das offenbar nur zu gut. Wir spüren es alle an der Bewegung des Bootes und an dem langsamen Driften der Außenbilder: Das Boot hat sich vom Boden abgehoben. Gradweise fängt es an, sich um die Längsachse zu drehen.
"Seht ihr!" sage ich, "Die Vortriebsmaschinen funktionieren noch! Mit den Regelzellen und den Trimmtanks alleine wäre dieses Manöver sehr schwierig."
Es dauert acht Minuten. Viel Zeit, sich bei der weiteren Neigung des Raumes neue Standplätze zu suchen, erst an den randseitigen Teilen der Decke, in den Öffnungen der Spantenscheiben, dann endlich auf dem Fußboden. Als das Boot endlich ausgependelt ist, schlägt Cohäuszchen vor:
"Gehen wir in die Kantine und machen da wieder sauber. Die Nautischen haben alle besseres zu tun!"
Copyright © Josella Simone Playton
2000-09-15 14:00:00
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