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******** 050. Tag: Samstag 95-10-07 ********

50.1 Verkatert

Die normale Weckzeit verschlafe ich um Stunden. Ich bemerke im Halbschlaf, daß mehrmals jemand versucht, mich zu wecken, es dann aber aufgibt. Als ich endlich hochkomme, geschieht dieses mit einem respektablen Brummschädel.

"Wie siehst du denn aus?"

Osont hockt vor meinem Lager und sieht mich interessiert an.

"Seit Stunden liegst du da wie tot! Wie ist dir? Bist du krank?"

Es ist wohl nicht nur reine Menschenliebe, die Osont zu dieser Frage veranlaßt. Auch wenn ich für die Meuterer nicht mehr allzu wertvoll bin - was mit mir los ist, wüßte er natürlich schon ganz gerne, für den Fall, daß es für die geplante Flucht von Relevanz ist.

Ich überlege, ob ich die Tatsache, daß für unsereinen Alkohol nicht automatisch ein tödliches Gift ist, besser geheimhalten sollte. Dann müßte ich mir aber jetzt etwas anderes ausdenken, und dazu bin ich nicht in der Lage. Deshalb erzähle ich alles, was ich bei den Rebellen erlebt habe, so sauber formuliert, wie das bei meinem Zustand möglich ist. Osont interessiert das sehr.

"Und du meinst wirklich, daß das Gift für dich unschädlich ist?" fragt er.

"Es bringt mich nicht gleich um. Es sei denn, in sehr großen Mengen. Soviel war es aber nicht. Sonst wäre ich jetzt schon tot."

"Mmh. Dann warten sie also darauf, daß du in den nächsten Stunden mit den Schirmen bei ihnen aufkreuzt."

"Ja. So ist es."

"Hervorragend." sagt Osont, "Genau das wirst du tun!"

Ich hätte es wissen müssen. Herwig macht den Lockvogel. So wird er eine Gruppe von Osont's Leuten, die ihm heimlich folgen werden, zum Lager der Rebellen führen. Osont rechnet sich die Chance für einen vernichtenden Schlag gegen die Rebellen aus. Ob ich dabei zu Schaden kommen könnte interessiert ihn nicht.

"Ich weiß nicht, ob ich jetzt noch den Schwerkranken markieren kann!" wende ich ein, "Ein Granitbeißer wäre jetzt deutlich schlimmer dran - mir geht es aber allmählich immer besser!"

"Oh, das kriegen wir schon hin. Vielleicht schmieren wir dich etwas mit Dreck ein, damit du ungesund genug aussiehst!"

So ist Osont also dabei, das Make-up zu erfinden. Die Welt der Granitbeißer macht schon Fortschritte, das muß man schon sagen.

"Und wenn du immer noch nicht krank genug aussiehst, dann verprügeln wir dich. Du wirst schon krank genug aussehen, verlaß dich drauf!"

Er gibt sich auch alle Mühe, einen etwaigen Sympathievorsprung, den er nicht hat, wieder abzubauen.

"Ich werde es schon hinkriegen." sage ich resignierend.

50.2 Kriegslist

Wenige Stunden später, um 10 Uhr, gehe ich los. Wieviele Leute mir folgen werden und wie sie es anstellen wollen, nicht entdeckt zu werden, sagt man mir nicht. Ich soll so tun, als ob ich wirklich alleine gehe. Ich nehme zwei Gleitschirme mit. Mehr lassen sich nicht leicht genug tragen. Falls die Rebellen dazu kommen sollten, mich zu fragen, mit welcher Begründung ich zwei Gleitschirme abgeschleppt habe, ohne daß mich jemand daran gehindert hat, soll ich sagen, daß ich vorhatte, an einer hohen Stelle des Steilufers den Absprung von einer Kante aus zu üben. Um nicht wegen eines beschädigten oder nach dem ersten Versuch nicht mehr trockenen Schirmes zurücklaufen zu müssen, habe ich zwei mitgenommen. Das sollte plausibel genug klingen.

Die Drohung, mich zusammenzuschlagen, um mir das notwendige kranke Aussehen zu verleihen, haben Osont's Schergen nicht wahrgemacht, auch wenn ich mich jetzt immer besser fühle. Ein bißchen Dreck im Gesicht und weißer Staub in den Haaren reicht, um mich von dem üblichen Verschmutzungsgrad abzuheben, so daß ein unbefangener Beobachter auf die Idee kommen könnte, ich sei tatsächlich krank. Schon ab Ausgang des Dorfes gewöhne ich mir einen schwankenden Gang an. Ich hoffe, bis zum Treffpunkt sieht es echt genug aus.

Ziemlich genau an der Stelle, an der Ot mich entlassen hat, taucht er wieder aus dem Gebüsch auf. Befriedigt sieht er meine schwere Last. Grund genug, ihm einen davon zum Tragen anzubieten. Das paßt ihm nicht.

"Es ist besser, wenn man nur einen trägt. Sonst wird er zu leicht beschädigt. Das würde Orregg nicht mögen, wenn jetzt noch einer dieser beiden Schirme kaputt geht."

Jetzt paßt es ihm. Er nimmt das zusammengelegte Schirmpaket vorsichtig entgegen, als ob es sich um Sprengstoff handle.

"Du kannst ruhig fest zupacken. Nur zerreißen darf man nichts. Es ist letzten Endes nur Stoff und Papier!"

Wir marschieren weiter, auf das Rebellenlager zu. Ot geht vor mir - da ich tatsächlich die Schirme gebracht habe, hält er es nicht für nötig, auf mich aufzupassen. Offenbar denkt er, daß ich das Gegengift dringend brauche. Um diese Vermutung zu bestärken, stolpere ich mehrere Male und falle dabei auch einige Male hin. Ot ist ungeduldig, aber ich nutze dann die Gelegenheit, mich unauffällig umzusehen, ob irgendwo Osont's Leute uns schon auf der Fährte sind.

Es ist nichts zu sehen. Sie machen es jedenfalls gut genug. Oder es sind nur wenige, die zunächst den Weg zum Rebellendorf aufklären sollen, und die dann in kürzester Zeit die Hauptangriffsgruppe nachholen werden.

Wir kommen an der Lichtung mit dem schrägen Felsen an. Es sind mehr Leute dort als gestern, und die meisten sehen so aus, als ob sie warten. Das tun sie auch weiterhin, denn Orregg, so heißt es, schläft. Man mag ihn nicht wecken, weil er dann sehr ungemütlich wird, und man traut sich auch nicht, ohne ihn mich Erklärungen über die Gleitschirmfliegerei abgeben zu lassen. Wir legen die beiden Gleitschirmpakete sorgfältig in die Mitte des schrägen Felsens und warten. Es ist bald 12 Uhr. Ich lege mich so auf den Boden, daß ich mein Gleitschirmpaket als Kopfkissen verwenden kann. So läßt sich der Verlauf der Zeit besser aushalten, außerdem muß ich ja nach wie vor den Kranken markieren, der jetzt auf seine Gegengiftgabe wartet.

Was wird zuerst passieren? Wird Orregg auftauchen, oder werden Osont's Leute angreifen?

Bis 14 Uhr passiert nichts. Dann gibt es endlich Bewegung in den Umstehenden. Einige stehen auf.

"Ist er wieder da? Ist es das?" Orregg betritt den schrägen Felsen. Einer der Männer deutet auf mich und hebt an, etwas zu erklären. Er gibt gurgelnde Laute von sich. In seinem Nacken steckt ein Pfeil.

50.3 Niederlage

"Weg, weg! Wir werden angegriffen! Ihr da, nehmt die Dinger da mit!" schreit Orregg. Im nächsten Moment setzt ein allgemeines Flüchten ein. Auch ich laufe in die allgemeine Fluchtrichtung mit.

Weitere Pfeile fliegen, jetzt aber mit wesentlich geringerer Trefferwahrscheinlichkeit. Offenbar hat nur eine kleine Gruppe von Osont's Leuten es geschafft, sich unbemerkt anzuschleichen, und die Positionen, aus denen heraus sie das Feuer eröffnen - wahrscheinlich irgendwo im Wald - sind nicht die günstigsten. Sie können ihre Kräfte nicht so schnell entfalten wie die Rebellen die Flucht ergreifen.

Einer stürzt tödlich getroffen, zwei weitere werden verletzt, können aber weiterlaufen. Dann sind wir schon auf kaum identifizierbaren Urwaldpfaden, die weder einen schnellen Lauf noch eine schnelle Verfolgung erlauben. Dabei trennen sich die Leute in verschiedene Richtungen.

Als ich über einen mächtigen, liegenden Stamm klettere, rutsche ich aus und falle in eine Sumpfpfütze - ein richtiger Teich von fast drei Meter Durchmesser. Mir ist nichts passiert, aber als ich wieder herausklettere, sind die Leute, hinter denen ich gerade hergelaufen bin, verschwunden. Ich horche.

Aus den verschiedensten Richtungen des Waldes höre ich Rufe, Schritte und Lärm von Kämpfenden. Auch Schmerzensschreie mischen sich dazwischen. Aber ich kann kein klares Bild über die Lage gewinnen. Ich überlege, ob ich laut Osont rufen sollte, aber das könnte mir auch schaden, wenn mich die falschen Leute zuerst finden. Außerdem möchte ich nicht den Eindruck erwecken, ich wäre auf Osont angewiesen.

Ich suche nach einem Pfad. Jetzt, wo ich allein bin, kann ich keinen solchen mehr finden. Rundherum nur wegeloser Urwald. Ich bewege mich langsamer fort, nicht mehr heftig atmend. Jetzt, nach dieser kurzen Anstrengung, ist mir noch besser als vorhin. Keine merkbaren Ausfälle. Das 'Gift', so bin ich jetzt überzeugt, war wirklich nur Alkohol, nicht einmal mit wesentlichen Spuren von Methanol oder anderen toxischen Substanzen. Ein Rausch nach 15 Jahren Trockenheit - das wird mir nicht schaden.

Wenn ich die Geräusche richtig interpretiere, dann ist zumindestens in meiner unmittelbaren Nähe niemand. Ich fühle mich zunehmend sicherer, als ich auf dem jetzt ansteigenden Urwaldboden weitergehe. Es ist sehr dunkel - hier scheint eine noch geringe Schichtdicke des leuchtenden Nebels zu herrschen.

Der ansteigende Urwaldboden gibt mir die einzige Richtungsvorgabe, da die Geräusche der laufenden Auseinandersetzung aus sehr vielen Richtungen gleichzeitig bei mir eintreffen. Wenn ich mich aus dem Kampfgebiet absetzen wollte, dann könnte ich keine Richtung angeben, die dafür am geeignetsten ist.

Trotzdem entfernen sich die Geräusche im Laufe der Zeit. Der Boden wird zusehends trockener und steiniger, dann treten die Bäume auch weiter auseinander. Deshalb wird es auch wieder etwas heller. Über mir sehe ich die dunkle Höhlendecke, vor mir den Berg, an dessen anderem Hang das Dorf und der Übungshang liegen muß.

50.4 Die alten Palisaden

Bevor der Wald aber völlig aufhört, sehe ich mich, als ich um eine Felsnase herum aufsteige, plötzlich einem Palisadenzaun gegenüber. Wie erstarrt bleibe ich stehen.

Die Vorsicht ist unnötig. Die Anlage ist klein, nicht größer als ein großes Zimmer, und völlig hinter dieser Felsnase versteckt. Ist das eine Einrichtung der Rebellen? Sind welche hier? Unten, aus dem Wald unter den grauleuchtenden Nebelschleiern, hört man immer noch Lärm und Rufen - Osont's Leute kämmen dieses Urwaldstück ganz schön durch. Wenn hinter diesen Palisaden jemand ist, dann müssen die gemerkt haben, daß da unten etwas nicht stimmt.

Es ist leichtsinnig von mir, sich ungeschützt den Palisaden zu nähern. Aber irgendwie habe ich den Eindruck, daß sich hier kein Mensch aufhält.

Ich steige seitlich den Geröllhang zur Felsnase auf. Von dort kann ich in das Palisadengeviert hineinsehen.

Es sind etwa acht mal vier Meter. Die bergseitige Hälfe dieses Palisadenrechteckes wird von einer Hütte mit flachem Dach eingenommen. Diese Hütte hat eine Tür ohne Türflügel. Der Hof vor der Hütte ist leer. Es ist sehr dunkel auf diesem Hof, da das Licht nur auf dem Umweg über die dunkle Höhlendecke der Welthöhle dort einfällt. Das ist deshalb schon alles, was man erkennen kann.

Von der Felsnase aus herunterkletternd kann ich eine Stelle der Palisaden erreichen, die nur eineinhalb Meter hoch ist - wenig für eine ernsthafte Verteidigung. Und für was stellt man sonst Palisaden her?

Ich sehe mich noch einmal um. Trotz der geringen Höhe über der Wolkenobergrenze - zu Zeiten mögen die Wolken auch höher schwappen, so daß dieses Palisadengeviert im Nebel liegt - kann man weit sehen. Da sind Säulen, die Dutzende von Kilometern von Casabones entfernt sind. Andererseits kann man das Gebiet, aus dem ich gerade aufgestiegen bin, nicht sehen, weil es unter der dünnen Wolkenschicht verborgen liegt. Und in Richtung auf das Dorf der Meuterer zu verdeckt die dunkle Masse des Berges jede weitere Sicht. Ich weiß deshalb nicht, ob die Höhe über den Wolken ein Kriterium für das Aussuchen des Platzes für dieses Bauwerk war.

Die geringe Höhe der Palisaden an dieser Stelle ermöglicht mir, einfach mal hinüberzuklettern. Dabei bin ich mir immer noch bewußt, daß in der Hütte ja jemand sein könnte und mich immer noch beobachtet. Als ich auf den Boden zwischen den Palisaden hinunterspringe, ist deshalb meine nächste Aktion, mit ein paar Schritten in die Hütte hineinzusprinten.

Es ist niemand da. Die Hütte ist leer, was Mobiliar und andere Einrichtungen betrifft. Die Tür und einige Ritzen in der Wand sind die einzigen Öffnungen, durch die ein wenig Licht einfällt - Fenster gibt es nicht. Aber an der Wand lehnen einige Schwerter und einige Bögen. Ich inspiziere sie. Die Schwerter sind in jüngster Zeit geschliffen worden - glaube ich. Oder diese Hütte ist vermöge ihrer Lage nur wenige dutzend Meter über der permanenten Nebelschicht bereits so trocken, daß Eisen hier nicht mehr rostet.

Die Hütte selber, die Balken, die Wände, alles macht einen sehr alten Eindruck. Das Holz ist völlig trocken. Der Boden der Hütte und des Hofes ist einmal mit Sand geebnet worden, aber das meiste ist weggeweht oder türmt sich in den Ecken auf. Einige Steine am Boden entpuppen sich bei näherem Hinsehen als Knochen - als sehr alte Knochen.

Diese Hütte hat vielleicht gar nichts mit den Rebellen zu tun. Es muß schon in den früheren Zeiten von Casabones Gefangene gegeben haben, die sich abgesetzt und irgendwo in einem Versteck auf Casabones gelebt haben. Vielleicht hat es Zeiten gegeben, in denen auf Casabones harte Fronarbeit geleistet werden mußte, so daß es eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität bedeutete, ein verstecktes Einsiedlerleben zu führen. Den Rebellen traue ich einfach nicht zu, diese kleine Palisadenanlage gebaut zu haben. Zuviel konstruktiver Aufwand, zuviel Mühe. Nein, das waren sie nicht.

Gerade will ich den Hof wieder betreten, als ich draußen Schritte höre. Im Augenblick drücke ich mich im Halbdunkel der Hütte neben der Tür gegen die Wand, flach atmend. Jetzt kann man mich von draußen weder sehen noch hören. Allerdings kann man von demselben erhöhten Standpunkt, den ich benutzt habe, ja in den Hof sehen. Und in dem wenigen Sand, der da liegt, sind meine Spuren fast unübersehbar, trotz der relativen Dunkelheit!

"Ist da jemand?" höre ich von draußen rufen. Keine bekannte Stimme. Also halte ich den Mund.

Die Geräusche sind deutlich: Die Leute da draußen - es sind mehrere - kraxeln den Hang zur Felsnase hinauf. Ich verstehe ein paar Wortfetzen. Danach nehmen sie an, daß tatsächlich in der nahen Vergangenheit jemand hier war. Woraus sie schließen, daß das jetzt nicht mehr der Fall ist, weiß ich nicht. Jedenfalls kannten sie diese Anlage noch nicht, was aber keinen Rückschluß ermöglicht, ob es Orregg's oder Osont's Leute sind.

Ich hoffe, daß sie abhauen. Ein paarmal denke ich, daß sie das auch tun werden, weil ich den Eindruck habe, daß sie in Eile sind. Dann aber höre ich einen dumpfen Aufschlag. Jemand ist über die Palisade in den Innenhof gesprungen, wie ich selbst vor wenigen Minuten. Instinktiv gleitet mein Schwert aus der Scheide. In der nächsten Sekunde betritt ein Mann die Hütte uns sieht sich suchend um.

"Hallo - wie geht's!" sage ich. Er fährt herum, sieht in meine Richung:

Hey, kommt mal her! Hier ist jemand!" Schon hat er ebenfalls sein Schwert draußen.

Ich habe ihn schon einmal gesehen. Es ist einer von Osont's Leuten. Dann kann ich mich auch deutlicher zeigen:

"Ich bin es! Erkennst du mich nicht!" sage ich und trete ins Licht, immer bedroht durch das erhobene Schwert dieses Mannes. Mein eigenes stecke ich zurück. Er steht ohnehin günstiger da.

"Aah!" geht ihm ein Licht auf. In derselben Sekunde höre ich weitere Männer in den Hof springen.

Kurz darauf bin ich umringt. Sie schießen Fragen auf mich ab:

"Was machst du hier? Was ist das für ein Bau?"

"Ich weiß nicht. Ich habe es durch Zufall vor kurzem gefunden - wie ihr!"

"Und warum hast du nicht geantwortet, als wir gerufen haben?"

"Weil ich nicht wußte, ob Rebellen draußen waren oder welche von Osont's Leuten!"

"Tatsächlich! - Und wo kommen diese Schwerter her?"

"Ich weiß nicht!"

"Ist das nicht ein seltsamer Zufall? Wir finden dich in einem Waffenlager der Rebellen!"

"Wenn ich etwas später gekommen wäre, dann hätte ich euch hier gefunden!"

Sie überlegen, ob das logisch ist. Das dauert wie üblich länger.

"Soll Osont entscheiden!" schlägt einer vor, "Wir nehmen ihn mit!"

"Ja, finde ich auch!" pflichte ich bei. Die Männer sehen sich unsicher an.

"Es wird ihm nicht gefallen, daß ihr mich ohne Grund gefangen nehmt."

"Ohne Grund?" überlegt der Mann, der zuerst hereingekommen ist. Mehr sagt er nicht. Ich habe das dumme Gefühl, daß er daran denkt, daß er besser einen guten Grund hätte. Der beste Grund wäre der, daß ich mit den Rebellen kollaboriert hätte. Sicher überlegt er jetzt, ob die Tatsache, daß sie mich in einem Waffenlager des Feindes gefunden haben, Hinweis dafür genug ist.

Jedenfalls muß ich mitgehen. Sie lassen mir mein Schwert und nehmen die Waffen, die in der Hütte stehen, soweit sie brauchbar sind, mit.

Nach einem schnellen Marsch durch den Urwald treffen wir uns mit anderen Gruppen am schrägen Felsen. Der Platz ist nun stark bevölkert. Dort erfahre ich auch, daß Osont's Leute unter den Rebellen fürchterlich aufgeräumt haben. Am Waldrand liegt bereits ein Stapel Leichen, und ich sehe auch gefangene und gefesselte Rebellen, die diese Leichen zum Dorf tragen werden. Es wird wieder reichlich zu essen geben.

Einigen der Rebellen ist es gelungen, zu fliehen. Aber es sind Schätzungen im Umlauf, die darauf hinauslaufen, daß nur noch zehn oder höchstens zwanzig Rebellen auf freiem Fuße sind. Davon sind etliche verletzt. Die werden uns jedenfalls kaum noch Ärger machen.

Ich kann mich frei bewegen. Niemand nimmt von mir Notiz. Man beginnt, aufzuladen und aufzubrechen, um zu Beginn der Schlafperiode wieder im Dorf zu sein.

Vielleicht habe ich Glück, und der Tatbestand, daß ich in einem seltsamen Waffenlager gefunden wurde, gerät in Vergessenheit. Allerdings gelingt es mir nicht, mit Osont ein Wort darüber zu wechseln. Er hat dauernd irgendwo zu tun, und es werden auch noch einige Gruppen erwartet, die von der Verfolgung der Rebellen noch nicht zurückgekehrt sind.


Copyright © Josella Simone Playton 2000-09-15 14:00:00



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